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Für den Pfaffenhausener Diakon „Albi“ fängt ein neuer Lebensabschnitt an
Wie ein gelbes Schild am Ortsausgang sieht der Fußabstreifer aus, der vor Albert Greiters Büro im Obergeschoss des Pfaffenhausener Pfarr- und Begegnungszentrums liegt. Die „Reale Welt“ ist durchgestrichen. Der Pfeil weist in Richtung „Ponyhof“.
Die Fußmatte vor Albert Greiters Büro hat schon mehrfach für eine lockere Gesprächsatmosphäre gesorgt.
Diakon Albert Greiter kann darüber herzlich lachen. So ein kleiner Teppich kann die Gesprächsatmosphäre ungemein auflockern. Das war auch häufig nötig, denn zu Greiter kamen viele Menschen, deren reale Welt eben kein „Ponyhof“ ist.
Pfaffenhausener Diakon kommt aus dem Ostallgäu
Sie haben sich vom Gespräch mit dem Diakon Hilfe erhofft. „60 Prozent meiner Arbeit war Seelsorge“, sagt Greiter. Vor neun Jahren kam der Ostallgäuer nach Pfaffenhausen – nun verabschiedet er sich in die Altersteilzeit.
Der Unterostendorfer hatte viele Stationen auf seinem Lebensweg, war Landwirt, Orgelbauer, Pflegevater, Theologiestudent und Arbeitstherapeut – teils parallel. 2012 trat er als Diakon in Pfaffenhausen an, wo ihm der Pfarrer eröffnete, dass er von nun an für Kinder, Jugendliche und Familien zuständig sei.
Damals kannte den „Albi“, nach dessen Vorbild jetzt sogar eine „Kümmerer-Projektstelle“ geschaffen wurde, noch niemand. Also stand er morgens vor den Kindergärten und sprach Eltern an. Er gründete die Notfallseelsorge im Unterallgäu neu und schaffte es, zahlreiche Menschen dazu zu bringen, sich für andere zu engagieren.
„Die Hilfsbereitschaft war gigantisch“, sagt er. Das lag aber auch an ihm: Albert Greiter ist alles andere als kontaktscheu. „Wir müssen als Kirche mehr zu den Menschen hin. Es geht ja um sie.“ Der stattliche Mann mit dem Faible für Schnupftabak besuchte Bauwagen und lud die jungen Leute im Gegenzug in den Gottesdienst ein. Sie kamen.
Immer häufiger wurde er gefragt, ob er Hochzeiten übernehmen könne, Taufen und Beerdigungen „Zwischen Zehn- und Zwölftausend waren auf meinen Hochzeiten“, resümiert er. Ihnen hat er versucht, den Glauben näherzubringen. „Begeistern, authentisch und überzeugt sein“, das ist es, worauf es in seinen Augen ankommt. Und: „Zeigen, wie sehr mich der Glaube gestärkt hat.“ Auch in schwierigen Zeiten.
2019 gingen die landwirtschaftliche Bergehalle und das Haus in Flammen auf
Die kamen für Albert Greiter im Januar 2019. Die landwirtschaftliche Bergehalle und das Haus gingen in Flammen auf. Fast alles verbrannte. „Es war bloß Zeug“, sagt Greiter. Weil er sich schon 20 Jahre lang mit Hospizarbeit und dem Loslassen beschäftigt hat, so glaubt er, habe er damit besser umgehen können.
Sechs Wochen nach dem Brand beschlossen er und seine Frau: Wir blicken nach vorne. „Da gibt einem der Glaube Kraft.“ Trotzdem haben die Eheleute sich professionelle Unterstützung geholt.
Er rät auch allen anderen, sich Hilfe zu suchen, wenn man merkt, dass es kriselt. „Ich habe Menschen begleitet und unterstützt, damit sie mehr Leben spüren.“ Und er habe festgestellt, dass es im Miteinander viel auf das Selbstwertgefühl ankommt: dass sich Paare oft viel zu wenig unterstützen, sich zu wenig hochziehen und gegenseitig stärken.
Das Sprichwort, dass nicht geschimpft genug gelobt sei, darf man in seiner Gegenwart nicht sagen. „Loben und Danken ist mein großes Thema“, sagt Greiter. Es sei so immens wichtig. Die Intention in all seiner Arbeit: „Mir ist es immer um ein Mehr an glücklichen Stunden gegangen.“
Albert Greiter: "Da kannst du bloß da sein, mit dem Herzen auf der Hand"
Manchmal, da sind Stunden aber einfach nur schlimm. Etwa, wenn Kinder sterben, oder wenn ein Paar mit einem lange gehegten Kinderwunsch ein Baby wenige Wochen vor der Geburt verliert. „Da kannst du bloß da sein, mit dem Herzen auf der Hand“, sagt Greiter.
Dennoch will der 63-Jährige zeigen, dass „Glaube nicht nur traurig ist“. Greiter glaubt, dass die Kirchen viel mutiger um ihre Mitglieder werben müsse. Die immer größer werdenden Einheiten sieht er dabei als ein Problem. „Du musst die Leute ja kennen.“
Oft kämen die richtigen Gespräche erst nach dem offiziellen Teil auf. Und noch etwas stört ihn an der Kirche: „Ich arbeite zu 95 Prozent mit Frauen zusammen“, sagt er. „Und wie behandelt unsere Kirche die Frauen?“
Greiter hat eine lange Liste von Plänen für den Ruhestand
Wer Albert Greiter nach seinen Plänen für den Ruhestand fragt, bekommt eine lange Liste als Antwort. Das Kochen will er noch besser lernen, sich um die Enkel und seine Mutter kümmern, Ehevorbereitung, Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen macht er weiter, er unterstützt einen Kaufbeurer Pfarrer, will wieder beim Orgelbauer mitarbeiten, Vorträge halten und Einkehrtage organisieren, als Kreuzfahrtseelsorger arbeiten und Italienisch lernen.
Und vielleicht tritt er ja irgendwann mal wieder im Fernsehen auf, wie einst bei Frank Elstners „Menschen der Woche“, oder er schreibt ein neues Buch wie den Fastenzeit-Begleiter „Probier’s mal“, in dem es um positive Impulse im Alltag und im Miteinander geht? „Für mich heißt Rente nicht: Gut Nacht, es kommt nichts mehr!“, sagt der 63-Jährige. „Für mich ist das nur ein neuer Lebensabschnitt.“
Diakon Albert Greiter wurde in einer Eucharistiefeier am Kirchweihsonntag, 17. Oktober, ab 10.15 Uhr in Pfaffenhausen offiziell verabschiedet.

Diakone sind schräge Vögel
Diakone sind schräge Vögel, wir tragen eine Querstola“, sagt Peter Höfner und lacht. Gegenüber katholisch.de schildert Höfner, der im Erzbistum Freiburg für die Ausbildung der Ständigen Diakone zuständig ist, was den Beruf des Ständigen Diakons ausmacht.
Stephanus, Philippus, Prochorus, Nikanor, Timon, Parmenas und Nikolaus - sieben Männer von "gutem Ruf und erfüllt von Geist und Weisheit", waren die ersten Diakone im neuen Testament. Seit damals erlebte das Amt der Diener und Helfer in der katholischen Kirche wechselhafte Zeiten. So war es jahrhundertelang lediglich eine Durchgangsstufe zum Priesteramt.
Erst das zweite Vatikanische Konzil führte in den Sechzigerjahren das Ständige Diakonat auf Lebenszeit wieder ein. Heute arbeiten mehr als 3.000 Ständige Diakone in den deutschen Bistümern. Peter Höfner aus Freiburg ist einer von ihnen. Der ehemalige Pastoralreferent entschied sich Mitte der Neunzigerjahre dafür, neue Wege zu gehen. "Es gab damals einen inneren und einen äußeren Anlass, die mich beide zum Diakonat geführt haben", erzählt Höfner. Der damals 38-Jährige arbeitete zu dieser Zeit als Religionslehrer und wurde 1995 gebeten bei einer Sendereihe des Südwestfunks Anrufe von Hörern entgegenzunehmen.
Lebensverändernde Gespräche
"Die Sendung hieß '10 Angebote für das Leben' und gemeinsam mit einem befreundeten Religionslehrer habe ich Anrufer in ganz unterschiedlichen Lebensfragen beraten", erinnert sich Höfner. "Viele Anrufer befanden sich an einer Lebenswende. (Ungewollte) Schwangerschaften, Trauungen, Krankheit oder der Verlust eines nahestehenden Menschen waren Themen, um die es ging." Die Intensität der Gespräche beeindruckte die beiden Männer so sehr, dass sie sich gemeinsam für eine Ausbildung zum Diakon entschieden und auch gemeinsam 1998 geweiht wurden.
Warum Diakon? Die Nähe zum Menschen steht bei diesem Kirchendienst im Vordergrund. Diakone sollen Nöte aufspüren und sich um Benachteiligte kümmern. Sie sind Seelsorger, besuchen Kranke und Sterbende, kümmern sich um Asylanten, Häftlinge und Menschen in besonderen Lebenskrisen. Diakone trauen, taufen und beerdigen. Sie bereiten Gemeindemitglieder auf den Empfang der Sakramente vor, führen Glaubensgespräche, verkünden das Evangelium und halten auch schon mal die Sonntagspredigt. Was sie vom Pfarrer unterscheidet? Diakone leiten keine Gemeinden und stehen nicht der Eucharistie vor. Das Buß-Sakrament obliegt dem Priester.
Neben Ständigen Diakonen im Hauptberuf übt die Mehrzahl der Diakone ihren Dienst im Nebenberuf aus. So gibt es im Erzbistum Freiburg derzeit 40 hauptberufliche Diakone, etwa 130 arbeiten weiterhin auch in ihrem Zivilberuf. "Vielfach sind das kirchennahe Berufe, es gibt aber auch Zahnärzte, Banker oder Schlosser, die sich zum Diakon ausbilden lassen", so Höfner, der nach Jahren in einer Baden-Badener Gemeinde 2005 Ausbildungsleiter im Institut für pastorale Bildung in Freiburg wurde. Voraussetzung sowohl für den Haupt- als auch für den Nebenberuf ist eine theologische Ausbildung. Wer sie nicht schon mitbringt, kann in Freiburg den Theologischen Kurs, den Pastoralkurs oder den Fernkurs in Würzburg belegen.
Ein Diakon braucht viele Befürworter
Begleitend absolvieren Diakone Praktika in ihren Gemeinden und erhalten eine pastorale Ausbildung. "Der volle Dienst beginnt erst nach der Weihe, aber im Praktikum begleitet der Anwärter zum Beispiel den Pfarrer bei den Kasualien wie Traugesprächen, Taufen oder Beerdigungen", so Höfner. Wie bei einer Lehrprobe sitzt der Pfarrer oder ein erfahrener Kollege in der Kirchenbank und gibt dem Praktikanten später Rückmeldung. Bis zur Weihe bedarf es einer dreieinhalbjährigen Ausbildung und vieler Befürworter. Um Diakon zu werden braucht es ein "Ja" von der Gemeinde, vom Pfarrer, von der Ausbildungsleitung, vom Diakonatskreis, von der Personalabteilung der Diözese und vom Erzbischof. Zuallererst aber braucht es die Zustimmung der Ehefrau!
Nicht alle Diakone sind verheiratet und für Singles gilt der Zölibat ebenso, wie für geschiedene oder verwitwete Amtsträger, denn Diakone gehören zum Klerus. Viele Männer entscheiden sich wie Höfner jedoch erst später für eine Ausbildung. Ohnehin können Verheiratete erst mit 35 Jahren zur Weihe zugelassen werden. Für Frau und Kinder ist das eine lebensverändernde Entscheidung. "Diakon ist ein Beruf, den man mit dem Einverständnis der Familie ausübt", erklärt Höfner. Zum einen kann ein Ständiger Diakon im Hauptberuf ebenso wie ein Pfarrer versetzt werden, zum anderen gibt es bei vielen Situationen Überschneidungen von Beruf und Privatleben, vor allem in der Gemeindearbeit.
"Ich habe bei einer Feier zur Ehrung von Ehejubilaren mit der langjährigen Frau eines Diakons gesprochen und sie sagte, sie würde ihre Zustimmung heute nicht mehr geben. Sie hätten seit der Weihe kein Privatleben mehr gehabt", erzählt Höfner. Auch er selbst musste lernen, ‚nein‘ zu sagen, und er hat auch für die neu Auszubildenden entsprechende Konsequenzen gezogen, wie zum Beispiel eine klare Zeiteinteilung. "Es muss einfach Zeiten geben, in denen man nicht ansprechbar ist."
Ein anspruchsvoller Dienst
Zumal das Amt den Diakonen nicht nur zeitlich, sondern auch seelisch viel abverlangt. "Ich erinnere mich an meine Anfänge, als der Pfarrer mich gerne mit unliebsamen Aufgaben betraute." Zum Beispiel anonyme Beerdigungen von Obdachlosen. "Da bin ich dann als einziger im Trauerzug mitgegangen." Als besonders schwere Erfahrung hat Höfner auch einen Tag im Gedächtnis, an dem er zuerst die Hinterbliebenen in einem Suizidfall begleitete und danach eine Taufe leiten sollte. "Da kommt man an seine Grenzen und das muss man dann auch offen sagen."
Besonders wichtig ist daher die Gemeinschaft in Diakonatskreis. "Wir treffen uns regelmäßig, zusammen mit den Ehefrauen, beten gemeinsam und sprechen über berufliche Erlebnisse und Erfahrungen." Dabei gehe es auch lustig zu, denn grundsätzlich üben Diakone ihren Beruf, der ja auch eine Berufung ist, mit viel Freude und Fröhlichkeit aus. Trotzdem werden sie manchmal auch unbequem. "Diakone sind schräge Vögel, wir tragen eine Querstola", sagt Höfner lachend und erklärt auch gleich warum: "Zu unserem Beruf gehört es, auf Missstände aufmerksam zu machen und auf benachteiligte Gruppen in den Gemeinden. Damit werden wir manchmal zu Quertreibern im bewährten System."
Zu den Berufsanforderungen gehören neben einem engagierten Glaubensleben, einem offenen Ohr für die Menschen, der Bewährung in Ehe, Familie und Beruf auch Verantwortungsbereitschaft und der Mut, den Finger in die Wunde zu legen. Immer mehr Männer entscheiden sich (selbst-)bewusst für den anspruchsvollen Dienst, ist die Erfahrung des Ausbildungsleiters. "Früher war es eher der Pfarrer, der einem engagierten Gemeindemitglied eine Ausbildung zum Diakon ans Herz legte. Heute sind es auch die prägenden Vorbilder von Ständigen Diakonen, die Männer auf den Weg zum Diakonat bringen. Es sind vor allem Männer in der Lebensmitte, die sich mit Sinn- und Glaubensfragen auseinandersetzen."
Und die Frauen?
Auch Frauen haben schon Bewerbungen an das Ausbildungsinstitut geschickt und gerade in Freiburg, dem Erzbistum, in dem Hannes Kramer 1951 den ersten Diakonatskreis ins Leben gerufen hat, ist man dem Thema gegenüber aufgeschlossen. "Hannes Kramer hatte das Frauendiakonat durchaus im Blick. Er ist aber zu früh verstorben um es vorantreiben zu können", sagt Höfner. Er weiß aber auch: "Papst Franziskus hat seine Position klar gemacht: Die Tür zum Frauendiakonat ist verschlossen. Andererseits sage ich immer: Es gibt wenigstens eine Tür." Die Bewerbungen für das Frauendiakonat hat Höfner nicht zurückgeschickt. "Sie sind hier im Institut archiviert."
Von Janina Mogendorf
Stichwort: Ausbildung zum Ständigen Diakon
Ledige Bewerber können mit 26 Jahren die Diakonen-Weihe empfangen und sind danach zum Zölibat verpflichtet. Verheiratete können ab dem 35. Lebensjahr zur Weihe zugelassen werden und die Ehefrau muss der Ausbildung zustimmen. Voraussetzung ist eine Mittlere Reife und/oder eine abgeschlossene Berufsausbildung. Danach gibt es drei Möglichkeiten: Eine berufsbegleitende theologische Ausbildung im Fernkurs (Dauer etwa vier Jahre), eine abgeschlossene Berufsausbildung als Gemeindereferent oder ein abgeschlossenes theologisches Studium. Meist parallel zur theologischen Ausbildung beginnt die etwa dreijährige pastorale Ausbildung mit Blockunterricht und Praktika.
